Hallo aus Eshowe!

Auch ich bin gut angekommen. Nach einem langen Flug und einem kleinen Schock – aus meinen Seitentaschen am Rucksack wurde mein Taschenmesser entwendet – erwarteten mich am Flughafen in Durban Edeltraud, Renate und Mduduzi. Als er mich sah, bekam ich gleich die südafrikanische Wärme und Lebensfreude mit: breites Grinsen, cooler Handshake und ein flotter Spruch. Auf der Fahrt nach Eshowe hat Mduduzi es sich dann nicht nehmen lassen am Grabmal von King Shaka vorbeizufahren, dem letzten großen König der Zulu. So hatte ich schon etwas Sightseeing und konnte mir die Gegend angucken. Hier ist es sehr trocken, seit 2 Jahren hat es nicht mehr richtig geregnet, was für diese Region sehr untypisch ist. Daher ist sämtliches Zuckerrohr, das man sieht fast braun und alle beklagen sich über die hohen Ernteausfälle. Zuckerrohr ist hier eine absolute Monokultur, es wird wirklich überall angebaut und sieht vom Flugzeug noch relativ schön grün aus, sobald man es dann aber von näherem sieht, ist es wirklich mehr braun als grün.

In den folgenden Tagen war dann erst einmal Ankommen angesagt. Ich habe mich mit Eshowe vertraut gemacht und bin sehr froh, wie freundlich man hier im Konvent aufgenommen wird. Als ich mich dann alleine zum Einkaufen aufgemacht habe, war ich erstaunt von all den schwarzen Menschen auf der Straße, die von A nach B laufen, denn zu Fuß zu gehen ist hier immer noch die meistverbreitete Art sich fortzubewegen. Einen so großen Weißen zu sehen, der auch zu Fuß geht, war dann wohl etwas besonderes, denn viele Gesichter schauten mich fragend an und nachdem ich weg war, wurde hinter meinem Rücken auf Zulu gelacht und Kommentare gegeben. Das war schon eine aufregende Erfahrung, denn allzu wohl fühlt man sich in seiner weißen Haut dann nicht.

Am Samstag wurde ich früh von Solomuzi geweckt. Er ist 31 und arbeitet als Buchhalter im Konvent und langweilt sich sehr am Wochenende. Also hat Edeltraud mit dem Bischof gesprochen, der ein Auto für Solo bereit gestellt hat um Renate und mir ein wenig die Gegend zu zeigen.

Zuerst hat uns Solo aufs Land gefahren. Mitten in die Pampa. Er wollte uns das Haus seiner Eltern zeigen und wie man dort lebt. Er erklärte uns, dass es in Südafrika drei Lebensarten gibt: auf dem Land, in einem Township oder in der Stadt. Er selbst sagt, er ist auf dem Land groß geworden, wohnt jetzt in einem Township und kennt durch sein Studium auch das Leben in der Stadt, er sei somit einer der wenigen Südafrikaner, die alle drei Lebensarten kennen.

Die Straßen hinaus zum Land sind noch relativ normal, teilweise zweispurig und gut befahrbar. Um dann aber richtig ins Land zu kommen, biegt man ab, erst auf gut ausgefahrene Lehmwege und später dann auf richtige Graswege, die mit einem normalen Auto, wie wir es hatten, schwer zu befahren sind, aber Solo hat alles gegeben und ist auch ein passabler Autofahrer. Zululand wird auch beschrieben, als das Land der tausend Hügel, also kann man sich gut vorstellen, wie es hier aussieht. Berg rauf, Berg runter.

Bei seinem Zuhause angekommen, wurden wir von seiner Mutter und seiner Großmutter begrüßt. Man lebt in mehreren kleinen Hütten, die wenig Komfort bieten, aber Fernseher und Strom gibt es. Das Leben auf dem Land ist hier noch wie vor 500 Jahren, es wird auf einer offenen Feuerstelle gekocht und die Kinder laufen teilweise nackt herum und spielen in der Natur. Solo hat uns dann noch eingeladen zur nächstgelegenen Hütte zu fahren um dort einen typischen Zulutanz zu sehen. Das war spannend. Um dorthin zu gelangen mussten wir erst zu einer anderen Hütte um dort zu drehen, weil wir anders den Berg nicht hochgekommen wären. Die Familie dort hat uns quasi aus dem Auto gezerrt, weil sie noch nie einen weißen Menschen gesehen haben, warum auch? Weiße würden sich hier aufs Land nicht trauen, es gibt dort nichts zu holen und zu sehen. Die Kinder, die es dort wie Sand am Meer gibt, haben uns mit ihren großen Augen angeguckt und wollten uns alle mal anfassen. Renate hat jedem ein Bonbon gegeben, man hat ganz stolz vor der Hütte für ein Foto posiert und dann waren wir weg, auf dem anderen Hügel, wo die Männer waren.

Dort waren inzwischen bestimmt 30 Kinder versammelt, die alle gehört hatten, dass die Weißen sich einen Tanz von den Männern angucken wollten. Die Männer waren jedoch alle sehr angetrunken und es dauerte eine Weile bis sie anfingen zu singen und dann typisch zu tanzen, indem sie ihre Beine bis zum Kopf werfen. Jedoch waren sie so betrunken, dass sie dabei häufig hinfielen und sich das Gelächter der klatschenden Frauen einheimsten. Wir saßen auf einem extra mit Tüchern ausgelegten Sofa, dass herausgetragen wurde als wir kamen und wieder hineingetragen wurde, als wir fuhren. Die anderen saßen auf Eimern, oder einfach auf dem Boden, einige Kinder sogar in den Bäumen – es war halt etwas ganz besonderes, dass die Weißen da waren. Als wir dann von dem einen Hügel kamen, sahen wir die komplette Familie der Hügels, wo wir das Auto gedreht hatten, auf dem Hügel stehen und uns zuwinken, einschließlich der gefühlt 100 Jahren alten Großmutter, die mit ihren drei noch verbliebenen Zähnen über beide Ohren lächelte.

Solo hat uns dann noch den Fluss gezeigt, dass war ihm sehr wichtig, der in einer Senke lag und seine Großmutter, Baujahr 1941, ist extra mit uns den steilen Hang hinuntergegangen um uns das vertrocknete Flussbett zu zeigen, da das einfach so unnormal sei. Zululand hat mit einer extremen Trockenheit seit 2 Jahren zu kämpfen und das sei am Fluss nun mal besonders deutlich. So ein Flussbett ist jetzt für unser einen nichts besonderes, aber die Großmutter war mit Eifer dabei und konnte mit ihrem doch sehr guten Englisch gar nicht mehr aufhören zu erklären, wie hoch das Wasser normalerweise steht, das hier normalerweise gewaschen und gebadet wird und dass das Wasser, was jetzt noch in kleineren Pfützen da steht, schon fast nicht mehr gut genug sei um das wenige Vieh zu versorgen. Jeder wartet hier auf Regen, auf ausgiebigen Regen, nur er scheint nicht zu kommen. Sie musste sich dann den gesamten Berg wieder hochkämpfen, was für eine 74jährige sehr dicke Frau nicht allzu einfach ist. Hat etwas gedauert, war aber auch ein Bild für die Götter, wie sie – eingeharkt bei Renate – alle 2 Schritte stehen blieb, schwitzte aber trotzdem herzhaft über sich selbst lachte.

Auf dem Rückweg sind wir dann noch bei Solo im Township vorbeigefahren. Wahnsinn sage ich euch! So viele Schwarze, die neben der Straße einfach ALLES verkaufen. Und auch alles zu Fuß machen. Weiße fahren Auto und die sieht man auf der Straße kaum, oder gar nicht. Dort wird dann neben der Straße gekocht, Autos repariert, Müll verbrannt, Kinder gesäugt, Waren auf dem Kopf von A nach B transportiert und gefeiert. Vor Solos Haus waren viele Jugendliche, die aus ihren Autos Musik hörten und einfach tranken, die dann auch schnell zu unserem Auto kamen und uns die Hand gaben, aber auch komisch guckten. Solo meinte, mit ihm kein Problem, dann wären hier auch alle hilfsbereit und würden einem ihre Geschichte erzählen, alleine auf keinen Fall. Dies sei kein Ort für einen Weißen, meinte er. Warum denn alle so schicke neue Autos fahren würden? Nun, die Kriminalität sei nun mal hoch. Ja und wie? Wie kommen die an ihr Geld? Das Township hier sei berüchtigt dafür, dass man Kreditkarten kopiert und fälscht, und daher würde man das Geld bekommen. Aha, interessant…

Es ist einfach ein unglaubliches Leben in den Townships, alles spielt sich draußen ab, Autos ohne Ende, Busse und Kleinbusse ohne Ende und überall gibt es etwas zu sehen. Und dreckig ist es! Müll ist ein Riesenproblem in Südafrika. Es wird einfach alles weggeschmissen, aus den Autos und von den Leuten und wenn der Müll denn mal gesammelt wird, einfach verbrannt. Stinkt fürchterlich, aber wie soll er denn nun mal weg, der ganze Müll? Ob wir das in Deutschland anders machen würden? Ja schon Solo, bei uns trennt man sogar den Müll. Ihr seid doch verrückt, ihr trennt Müll? Plastik und Papier woanders hin? Und dann sei an den Straßen alles grün und gar kein Müll? Das würde er auch gerne mal sehen, dass könne er sich gar nicht vorstellen. Ja, Solo, wenn ich das hier so sehe, dann kann ich mir das auch nicht vorstellen…

Während der Fahrt haben Solo und ich uns über viele Dinge des alltäglichen Lebens unterhalten. So auch über das Heiraten in Südafrika. Solo hat eine Freundin, die er auch bereit wäre zu heiraten, jedoch kann er das noch nicht, da ihm dazu das Geld fehlt. Er ist auf dem Land groß geworden und hat daher ein hohes Wertebewusstsein. Es ist üblich für die Braut 11 Kühe zu bezahlen, die man der Familie der Braut übergeben muss, oder aber halt den Geldwert der Kühe. Und es ist eine Schande, eine unterernährte Kuh zu schenken. Und weiß Gott, ich habe hier so oder so sehr wenige Kühe gesehen und wenn, waren sie mehr als unterernährt. Eine Kuh kostet hier umgerechnet 500€, dann könnt ihr euch vorstellen, wie teuer so eine Hochzeit ist!

Auf dem Rückweg war die Sonne dann schon untergegangen und wir sind im dunkeln nach Hause gefahren. Für Renate war das gar nichts, die hatte richtig Angst, weil natürlich laufen auch auf den gut befahrbaren Straßen immer noch Leute entlang und ja, alter Witz, erkenne einen Schwarzen im Dunkeln… Solo hat das aber gut gemacht, nur so Nachtfahrten haben es hier dann doch sehr in sich.

Für mich war es an diesem Tag einfach nur wahnsinnig faszinierend diese Einfachheit des Lebens zu sehen und die dennoch tiefe damit verbundene Freude der Menschen.

Morgen werde ich dann gegen Mittag hinaus nach Dumayo in den Kindergarten fahren und dort eine Wand streichen. Ich bin schon sehr gespannt auf die Eindrücke von dort!

Schöne Grüße aus Südafrika und bis bald, Steffen