Das globale Huhn

EU-Hähnchenfleisch überschwemmt Afrikas Märkte

Wir fahren vom Besuch eines landwirtschaftlichen Projekts nach Hause. Die jungen Landwirte wollen neben ihren Gemüsefeldern auch einen Hühnerstall bauen. Da höre ich im Auto unseren Koordinator zu einem Mitarbeiter sagen: „Hat das überhaupt Sinn, wo doch Rainbow Chicken über 1000 Arbeiter entlassen hat?“

Ich werde hellhörig. „Rainbow Chicken“ ist einer der größten Hühnerproduzenten Südafrikas. Zuhause in Eshowe forsche ich nach: Rainbow Chicken habe 15 seiner 25 Bauernhöfe verkauft. Südafrika importiere billige Hähnchen aus Brasilien, den USA und aus Europa, und die würden überhaupt nicht mehr so gut schmecken wie die aus dem eigenen Land. Sie schicken alles, angeblich auch Därme.

Nun hat es auch Südafrika getroffen. Das Problem war mir aus Westafrika bekannt. In Europa ist die zarte, weiße Hühnerbrust beliebt. Und was geschieht mit dem Rest? Er müsste vom Erzeuger teuer entsorgt werden. Doch die Fleischindustrie hat einen Weg gefunden: Was in Europa keiner essen will, wird als Gefrierfleisch nach Afrika verschifft und dort zu Niedrigstpreisen verkauft. Europäische Ramschpreise bedeuten das Aus für die einheimische Geflügelproduktion. Ein weiteres Problem ist in heißen Ländern, dass die Kühlkette nicht immer gewährleistet ist und das Fleisch oft nicht mehr für den Verzehr geeignet ist.

„Das Kilogramm kostet nur 75 Cent, ein Preis, mit dem afrikanische Erzeuger nicht mithalten können“, schreibt das Evangelische Hilfswerk „Brot für die Welt“ in einer Broschüre zu diesem Problem. Es verlangt einen fairen Handel mit Afrika. Und außerdem: Mit 500 Millionen Euro, die Afrika für Fleischimporte zahlt, könnten dort mehr als zwei Millionen Arbeitsplätze in der Hühnermast, im Futtermittelanbau, im Zwischenhandel und in der Schlachtung geschaffen werden.

So manchem ist hierzulande inzwischen die Lust auf Hühnerbrust vergangen und sie kaufen beim regionalen Erzeuger „Retro-Hühnchen“ … das sind die, die wie bei Oma auf dem Hühnerhof scharren und kratzen und älter werden dürfen als vierzig Tage.

Edeltraud Parensen

– Brot für die Welt, „Das globale Huhn. Die Folgen unserer Lust auf Fleisch“
www.greenpeace-magazin.de/das-globale-huhn