Gewaltsame Proteste in Südafrika

„Ich fühle mich wie im Auge des Taifuns!“, sagte A. am Abend des 12. Juli. „Es brennt rundherum und grölende Horden laufen über die Straße hier in Eshowe“. Der 12. Juli 2021 wird für Südafrika in trauriger Erinnerung bleiben. Was als Streiktag angesagt war, endete in einem Flächenbrand von gewaltsamen Protesten und Plünderungen. Geschäfte wurden angezündet, LKWs auf den Autobahnen in Brand gesetzt, Bankautomaten zerstört. Ganze Regionen versanken in Anarchie. Hierzu gehörte neben der Provinz Gauteng mit Johannesburg auch KwaZulu/Natal mit Durban. Auch die Stadt Eshowe, in der das Büro des Entwicklungsdepartments und der Convent der Franziskanerinnen ist, war betroffen.

Beängstigende Bilder erreichten uns auf WhatsApp und in den Telefonaten mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen war große Sorge und Angst zu spüren. Die Polizei war überfordert. Es dauerte Tage, bis das Militär zu Hilfe kam. Nun ist es ruhig geworden in der Stadt, aber der Schaden ist groß. So berichtet N. bitter, dass 200 seiner Küken verendeten. Es gab kein Benzin, die Straßen waren blockiert und die naheliegenden landwirtschaftlichen Genossenschaftsmärkte zerstört. Frisches Gras gibt es jetzt um diese Jahreszeit auch nicht. Es ist Winter, es regnet kaum und alles ist braun. Auch die Pumpe zur Bewässerung des Gemüselands war wegen Treibstoffmangel außer Betrieb.

Wie konnte es zu diesen unfassbaren Ausschreitungen kommen? Eine Frage, die immer wieder gestellt wird, die nicht einfach zu beatworten ist. Auslöser der Ausschreitungen war die Verurteilung des früheren Präsidenten Jacob Zuma zu einer Gefängnisstrafe von 15 Monaten. Er hatte sich geweigert, vor einer Untersuchungskommission über Korruption während seiner Amtszeit auszusagen. In Zumas Amtszeit soll dem Land durch Korruption ein Schaden von bis zu 100 Milliarden Dollar entstanden sein. Man sprach von state capture, einer Übernahme des Staates durch privatwirtschaftliche Akteure.

Vieles deutet darauf hin, dass die Gewalt geplant war, um Zuma freizupressen. Präsident Ramaphosa spricht von einem geplanten Umsturz. In der Demonstration für die Freilassung Zumas entlud sich jedoch auch die angestaute Wut über die eigene Armut und die Chancenlosigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Die Situation der Bevölkerung hat sich durch die neue Covid-Welle zusätzlich verschlechtert. Die Arbeitslosenrate in Südafrika liegt bei über 30 %, bei jungen Südafrikanern bei über 50 % und in manchen Regionen bei über 70 %. Die Bevölkerung Südafrikas ist jung: 50 % sind unter 27 Jahre alt. – Diese Situation liefert Zündstoff für die Gesellschaft – auch in Zukunft.

Wir als yebo Zululand Initiativen versuchen mit den Partnern vor Ort einen Beitrag zur Verbesserung der Lebenssituation zu leisten. „Self employment“ ist ein wichtiger Weg aus der Armut – ein Grundsatz unserer Entwicklungsarbeit. Wir sehen uns bestärkt auf dem Weg, mit dieser Devise auch weiterhin Menschen in ländlichen Projekten zu unterstützen.

Quellen: SZ, Bernd Dörries, Durban, Ein Land als Geisel; DIE ZEIT, Machtkampf in Südafrika, Andrea Böhm; Gespräche mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern

Text: Edeltraud Parensen