In Südafrika leben aktuell etwas mehr als 60 Millionen Menschen, zum Vergleich in Deutschland sind es etwas über 80 Millionen.
Für das Jahr 2025 werden 65 Millionen südafrikanische Einwohner und Einwohnerinnen prognostiziert.
Südafrika besitzt eine sehr große, junge, arbeitsfähige Bevölkerung.
Im Jahr 2019 betrug die durchschnittliche Lebenserwartung 64,13 Jahre und das Durchschnittsalter lag im Jahr 2020 bei 27,6 Jahren (in Deutschland bei 44,6 Jahren).
Die Arbeitslosenquote im Jahr 2021 wird mit 33,5% und steigender Tendenz angegeben (Deutschland 5,4%). Das heißt, gegenwärtig leben in Südafrika um die 20 Millionen Menschen ohne Lohn oder Gehalt.
(Quelle: de.statistica.de)
Nicht staatliche aber unabhängige Statistiken vermuten sogar noch höhere Zahlen, weil sich nicht alle Menschen arbeitslos melden.
Des Weiteren wird Covid-19 wahrscheinlich zukünftig auch noch seine Spuren auf dem Arbeitsmarkt und der volkswirtschaftlichen Entwicklung Südafrikas hinterlassen.
Aufgeschlüsselt nach Alter und ethnischer Herkunft werden diese Zahlen noch dramatischer:
– 48% der unter 34-jährigen haben keine Arbeit (Jugendarbeitslosigkeit in
Deutschland 4,9%).
– 75% der arbeitslosen jungen Menschen hatten noch nie eine Anstellung.
– Schwarze und Coloured sind häufiger (knapp 60% bzw. 45%) arbeitslos als Weiße
und Asiaten (jeweils unter 10%).
Die Auswirkungen dieser unvorstellbar großen Zahl von Jugendlichen ohne Aufgabe, ohne Perspektive, ohne Lebensinhalt, ohne Zukunft sind nicht auszudenken.
Die Arbeitsmarktlage ist auf dem Land schlechter als in den Ballungsräumen wie Johannesburg oder Durban.
Besonders betroffen von Jugendarbeitslosigkeit sind die ehemaligen Homelands, z.B. Eastern Cape und KwaZulu Natal.
Schwarze und Coloured werden häufig im Dienstleistungsgewerbe beschäftigt, beispielsweise als Haushaltshilfe, Putzhilfe oder Gärtner/Gärtnerin in Teilzeit oder auf Tagelöhner-Basis. Das können sich überwiegend Weiße leisten, die aber mehrheitlich in den Städten wohnen. Diese Beschäftigungen sind im untersten Lohnsektor angesiedelt.
Mit einem Universitätsabschluss findet ein größerer Teil der Jugendlichen eine Stelle, oft erhalten sie anfangs aber keinen Lohn.
Viele Studentinnen und Studenten können aus finanziellen Gründen ihr Studium oder ihre Ausbildung gar nicht abschließen bzw. erhalten kein Abschlusszeugnis, weil sie die Studien- oder Prüfungsgebühren nicht bezahlen können.
Die überwiegende Mehrheit der südafrikanischen (Land-) Bevölkerung hat außerdem Probleme, eine gute grundlegende Schulbildung für ihre Kinder zu finanzieren geschweige denn eine höhere oder gar Hochschulausbildung.
Auf dem Arbeitsmarkt Südafrikas fehlen gut ausgebildete Fachkräfte für kleine und mittelständische Betriebe und damit einhergehend vor allem in den ländlichen Regionen eine entsprechende Infrastruktur.
Bei der Ausbildung mangelt es an der Kooperation zwischen Bildungseinrichtungen, Berufsausbildungseinrichtungen und Arbeitgebern, um bedarfsorientierte Ausbildungsprogramme erfolgreich auf den Weg zu bringen und eine ansatzweise erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik zu verwirklichen.
(Quelle: Südafrikas Zeitbombe, Maximilian Matschke, 14.02.2020)
Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen sind Projekte im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe im Textilgewerbe (Nähgruppen) oder im Bereich der Landwirtschaft (Gemüseanbau und Geflügelzucht) zum gegenwärtigen Zeitpunkt volkswirtschaftlich zwar kaum relevant, aber langfristig gesehen genau der richtige Ansatz: Kleine Betriebe gründen sich, bauen Netzwerke und damit Infrastruktur auf, reduzieren Importe.
Auf jeden Fall aber geben sie einigen Menschen Hoffnung, Arbeit, Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein, um größere Aufgaben in Angriff zu nehmen und sich eine Zukunft aufzubauen.
Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten, die viele kleine Dinge tun, werden das Angesicht der Erde erneuern. (Afrikanisches Sprichwort)
Text: Sabine Kabiersch-Diekmann