Besuch in Südafrika 2004

Ein Reisebericht von Edeltraud Parensen

Nach einem ruhigen Flug kam ich am 26. Juli 2004 gut in Südafrika an. Im Convent der Oberzeller Franziskanerinnen in Eshowe wurde ich wieder sehr gastfreundlich aufgenommen. Er war das „Basiscamp“ während meines Aufenthaltes. Meine Schwester dort freute sich besonders über das Wiedersehen.

Kontakt zur ECAG (Eshowe Community Action Group)

Die Regentage zu Beginn nutzte ich, um Kontakt mit dem Baubüro der Rotarier aufzunehmen und noch einmal unser Anliegen vorzutragen: Der Bau eines kleinen Schulgebäudes, denn die räumlichen Gegebenheiten der Thembimfundo Special School sind absolut beengt. Bei zwei Meetings der Eshowe Rotaries durfte ich über das Projekt informieren.
Graham Chennels, Rotarier, in dessen Hotel die Treffen stattfanden, machte eine Anzahlung für den Schulbau in Höhe von 500 € durch den Verkauf von zwei Wohnwagen einer Filmgesellschaft. (S. mein 1. Brief im Gästebuch von www.yebo-initiativen.de)

Ich greife vor: Am Ende meines Aufenthaltes konnte die Vereinbarung mit der ECAG (Eshowe Community Action Group) getroffen werden, dass ein Schulhaus mit zwei Klassenräumen errichtet wird. 25 % der Kosten von ca. 15 000 € tragen die Yebo Zululand Initiativen. Für die verbleibenden 75 % werden Sponsoren von Rotary International gesucht – wobei es wünschenswert wäre, deutsche Unterstützung zu finden. Mr. Volbrecht, der leitende Architekt, gab mir ein entsprechendes Empfehlungsschreiben mit. Großer Dank gebührt an dieser Stelle Graham Chennels, der durch seinen unermüdlichen persönlichen Einsatz den Weg zu dieser Vereinbarung geebnet hat!

Weiter zum Thema Bau:

In Mbongolwane ist das Küchengebäude mit zwei Räumen im Rohbau fertig. Dank der Spendengelder konnte Zement und Sand geordert werden und Norman, ein tüchtiger junger Maurer, war glücklich, den Bau verputzen zu können. Ich war eifrige Kundin im Baumarkt in Eshowe: Meißel, Hobel, Bohrer, Axt, Dachrinnenteile, Fensterglas, Schubkarre … waren auf der Wunschliste. – Die hintere Wand des alten Küchenbaus ist inzwischen teilweise eingebrochen. Der Neubau ist in der Tat kein Luxus!

Mr. Belcher, ein Tischler aus Eshowe, hat für die Zimmer der Kinder und die neue Küche Regale angefertigt sowie einige Bänke im Außenbereich. Die Kinder saßen draußen bisher auf dem Boden oder quetschten sich auf die Sockel der Regentanks. Die Kosten für die Möbel und die Tischlerarbeiten werden vom Kindermissionswerk Aachen übernommen. Herzlichen Dank auch an dieser Stelle für die Bewilligung unseres Antrages!
Das letzte Wochenende meines Aufenthaltes (21./22.8.) hatte einen historischen Höhepunkt: Mitarbeiter von Escom legten Strom zur Thembimfundo School! Die Bedeutung dieses Ereignisses ist für uns kaum vorstellbar! Der Sonnenuntergang um ca. 18 Uhr bedeutete das Ende des Tages. Es wird in Zukunft nicht mehr stockdunkel in der Nacht sein…

Zur Situation der Thembimfundo Special School

Zur Zeit leben 23 Kinder und Jugendliche im Projekt. Sie sind geistig- oder körperbehindert, manche mehrfach behindert. Mit ihnen wohnen dort auch einige gesunde Kinder: Ihre Eltern sind mental nicht in der Lage, für die Kinder zu sorgen und haben sie vernachlässigt und zum Teil übel behandelt. In einem anderen Fall handelt es sich um Kinder, deren schwerstbehinderte Geschwister zu Hause sind, weil sie unter den derzeitigen Bedingungen noch nicht in der Thembimfundo School aufgenommen werden können.

Mit 23 Kindern und Jugendlichen auf 70 qm ist die absolute Obergrenze überschritten. Diese Beengtheit kann nur als vorübergehende Lösung angesehen werden. Die beiden ältesten Jungen schlafen bei Nachbarn, ebenso einige der Mitarbeiter.
Beeindruckend war für mich, wie gut und fröhlich die Kinder miteinander umgingen. Ein Ball – und das Leben pulsiert auf dem Platz! Mein Wunsch an alle Besucher: Bringt einen Ball mit! Unter den großen Mädchen sind Freundschaften entstanden.
Behinderte Kinder lassen sich von den Spielideen der gesunden Kinder inspirieren. Das tägliche Leben im Projekt bietet auch immer wieder Möglichkeiten, „life skills“, praktische Fähigkeiten zu üben: Die Frauen waschen die Wäsche mit der Hand. Kinder bekommen ihre Schüssel – und miteinander zu waschen macht Spaß. Je jünger die WäscherInnen, umso leidenschaftlicher üben sie dieses Geschäft aus! Die Großen helfen beim Wasser holen, Fegen ist mehrfach täglich angesagt – und die Besucher äußern sich immer lobend über die Sauberkeit im Projekt.

Der Unterricht mit den größeren Kindern verläuft nach Arbeitshilfen, die die Mitarbeiterinnen bei einer Fortbildung an der Thuthukani-Schule, einer großen Sonderschule in Empangeni, erworben haben. Musik und Tanz gehören elementar zum Leben der Zulus. Die Mitarbeiterinnen geben dieses Erbe mit ursprünglicher Freude an die Kinder weiter. Und so hört und sieht man sie immer wieder zusammen singen und Tänze üben. Spielzeug ist rar.

Die Duplos und Legos der Dringenberger Grundschulkinder wurden mit Begeisterung aufgenommen… es hätten noch mehr sein können! Gutes Spielzeug ist überwiegend nur in großen Städten erhältlich.

Öffnung des Projektes für die Umgebung

Inzwischen scheint es sich mehr und mehr herumzusprechen, dass es die Thembimfundo School gibt. Z. B. kam am ersten Samstag meines Aufenthaltes ein Polizeiauto auf das Gelände gefahren. Ein ca. 15jähriger Junge saß verängstigt hinten im Pickup. Zwei Decken hatte man ihm mitgegeben. Das war alles. Er kann nicht gehen, nicht sprechen. Seine Mutter ist schon länger tot. Die Stiefmutter ist nun auch gestorben. Er hat niemanden, der für ihn sorgt – so haben die Nachbarn die Polizei gebeten, ihn mitzunehmen. Ich halte es für möglich, dass er an seinem vorigen Platz teilweise festgebunden war, denn er genoss sichtlich die Freiheit der Thembimfundo School und machte erstaunliche Fortschritte.

Am letzten Samstag versammelten sich Kinder, Mitarbeiter und Familienangehörige zu einem gemeinsamen Nachmittag. Auch die Nachbarn waren anwesend. Mrs. Mhlongo zeigte Arbeiten der Kinder. Im Anschluss sangen und tanzten die Kinder und die Erwachsenen jubelten begeistert.

Am Sonntag besuchten die Kinder und Jugendlichen den Gottesdienst in der katholischen Missionskirche von Mbongolwane. Mrs. Mhlongo hatte einen Kleinbus bestellt. Am Ende des Gottesdienstes lud der Gemeindepriester uns alle ein, nach vorne zu kommen. Er legte der Gemeinde ans Herz, Besuche im Projekt zu machen. Mrs. Mhlongo und ich hatten ebenso Gelegenheit, zur Gemeinde zu sprechen. Am Schluss gab er jedem Kind einen Segen – eine bewegende Situation.
Wie wir inzwischen erfahren haben, hat die Mädchengruppe der Pfarrjugend angefangen, sonntags Besuche im Projekt zu machen und mit den Kindern zu spielen. Auch der Pfarrgemeinderat von Mbongolwane wollte sich in seiner nächsten Sitzung mit dem Kontakt zur Thembimfundo School befassen.

In der letzten Woche erzählten mir die Mitarbeiterinnen aufgeregt eines Morgens, dass sie Besucher aus Germany gehabt hätten. Graham Chennels war mit seinem Eco-Tour-Bus unterwegs und hatte den Touristen auch die Thembimfundo School gezeigt. – Er hat versprochen, dies auch in Zukunft zwischendurch auf seinen Touren zu tun.

Abschied

Nach dem Besuch in der Pfarrkirche verbrachten alle noch einen schönen Tag mit Picknick auf dem Spielplatz des Kinderheimes der Missionsstation. Unsere Kinder genossen die Spielgeräte auf dem Gelände und die Kinder des Heimes mischten sich problemlos unter unsere Gruppe. Dieser „Ausflug“ war ein großes Erlebnis für die Thembimfundo-Kinder. – Herzlichen Dank an Sr. Gregoria und die Schwestern des Kinderheimes für diese Möglichkeit!
Dann war Abschied angesagt. Norman, als Vertreter der MitarbeiterInnen, dankte bewegt für die Hilfe der deutschen Freunde und Bonginkosi, ein Schüler, schloss sich seinen Worten an. Es ist für sie wie ein Wunder, dass so viel Gutes und Not-Wendendes für die Kinder der Thembimfundo School geschieht. Die deutschen Freunde sind in ihren Herzen. Sie gaben mir viele Grüße mit auf den Weg. Sie wünschen allen Gottes Segen und werden für uns beten.

Mit einem Satz von Jean Vanier, den ich in einem Buch von ihm in Südafrika gefunden habe, möchte ich schließen. Er könnte wie eine Leitlinie für die Arbeit der Thembimfundo School und unsere Partnerschaft mit ihr sein:
„The important thing is not to stifle people with gifts, but to give them a chance to love and to enter the world of sharing … It is terrible to be always on the receiving end.”

“Das Wichtige ist, Menschen nicht mit Geschenken zu ersticken, sondern ihnen eine Chance zu geben zu lieben und in die Welt des Teilens einzutreten… Es ist schrecklich immer am empfangenden Ende zu sein.“